Verblüffende Erkenntnisse der Makro-Ökonomik (2)

Von vielen mikro-ökonomischen Effekten, die z.B. einzelne Werte Betroffener (wie z.B. Gewinne, Löhne, Beschäftigung, usw.) erhöhen oder vermindern, nimmt der Laie (wie meist auch viele Mikro-Ökonomen) an, dass sie auch deren Summe in der Gesamtwirtschaft erhöhen bzw. vermindern. Jedoch wird oft nur die Verteilung der Werte geändert, aber die Summe bleibt gleich. Ich nenne das den „Makro-Effekt”. Nur die Anteile am Ganzen werden anders aufgeteilt, aber nichts hinzu addiert oder davon abgezogen.

Beschäftigung

Intuitive „Laiensicht” Makro-ökonomische Realität Grund der Paradoxie
Die Zahl der Bewerbungen be­einflusst die Zahl der Neu-Ein­stellungen, und somit auch die Gesamthöhe der Beschäftigung:
„Mama, ich hab' den Job”.
Der „Arbeitsmarkt” hat hier nur eine lokale mikro-ökonomische, eventuell etwas beschleunigende, jedoch nicht allgemeine Wirkung. Ein „Markt” ist dies hier eigentlich garnicht. Diesen „Arbeitsmarkt” gibt es so nicht. Die Beschäftigung richtet sich stattdessen nach dem Arbeitsbedarf für die Produktion, d.h. (indirekt) der Nachfrage im Produktmarkt. Evtl. lokalen Erfolgen stehen anderswo Entlassungen gegen­über („Drehtür-Effekt”) — au­ßer nahe der Vollbeschäftigung
„Die Bindung der Arbeitslosen­hilfe an das Fordern regelmä­ßiger Bewerbungen, sowie der Arbeitsannahmezwang verrin­gern die Zahl der Arbeitslosen.” Diese Vorschriften der Arbeits-Agen­turen verfehlen die gedachte Wir­kung, sind anmaßend und belasten auch die Wirtschaft mit zusätzlicher Bürokratie (Sichtung, Rücksendung).
„Arbeitnehmer sind nach Pro­duktivitätsfortschritten Entlas­sungswellen völlig ausgeliefert.” Zwar bleibt der Lohnanteil in der Ein­kommensverteilung allein durch die Produktiviät bestimmt (s.o.), aber: Gewerkschaften müssen Ar­beitszeit-Verkürzung bei glei­cher Lohnsumme erkämpfen.
„Produktivitätssteigerungen erhöhen den Gewinn.” Mikro-ökonomisch erhöhen sie zwar Firmengewinne; aber makro-ökono­misch steigern sie nur Wachstum. Produktivitäten haben keinerlei Bezug zum Gesamtgewinn des Firmenssektors.
„Da ein Mindestlohn die Kosten erhöht, sparen Entlassungen an Kosten.” Mindestlohnanstieg allein (ohne die Ein­flüsse Gewinnausschüttung, Staats­defizit, Außenhandelsbilanz) erhöht die Beschäftigung. [EKH 15] Mehr Produktionsbeschäftigte, wenn Durchschnitts­lohnsatz relativ zu Preisniveau und Produktivi­tät steigt. [EKH 15]
„Lohnsenkungen und Billig-Jobs schaffen mehr Arbeitsplätze.” Stattdessen senken sie im Kreislauf die Konsumnachfrage und verursa­chen damit eine Tendenz zu Entlas­sungen. Arbeitsnachfrage entsteht am Produktmarkt per Preismecha­nismus der erwarteten Verkäu­fe — nicht am „Arbeitsmarkt”.

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Geübten in Makro-Ökonomik fallen solche Paradoxien meistens auf. Aber viele Ökonomen scheinen makro-ökonomisches Denken verloren zu haben, das Wolfgang Stützel mit seiner „Salden­mechanik” bis weit in die 1970er Jahre hinein systematisch gelehrt hatte. Damit lassen sich Paradoxien erkennen. „Stützel hat immer mit großem Genuss gezeigt, wie sich seine Kollegen in Aussagen verrennen, zu de­nen man nie gelangen würde, beherrschte man nur das Einmaleins der Saldenmechanik.” [F. Lindner]


[EKH 15] Egmont Kakarot-Handke: “The key relationship between employment and growing/shrinking debt”. Comment on Steve Keen on “The unnatural rate of interest”. AXEC: New Foundations of Economics, 30.10.2015.
siehe auch Oskar Fuhlrott: Beschäftigung und Arbeitslosigkeit” Alter Beitrag von O. Fuhlrott, 26.1.2019.
[F. Lindner] Fabian Lindner: Zu Unrecht vergessen: Wolfgang Stützel und seine Saldenmechanik”. ZEIT ONLINE Blog, 9.1.2013.

  2023, Oskar Fuhlrott, abgerufen am