Der Mainstream hält die folgenden Faktoren für relevant ([1], übersetzt):
Wirtschaftswachstum ist „eine Zunahme an dem, was eine Wirtschaft
produzieren kann, wenn sie alle ihre knappen Ressourcen einsetzt.”
Es verschiebt sich die Grenze der Produktionsmöglichkeiten (PPF).
Fasst man alle Güter in Konsum- und Kapitalgüter zusammen,
dann kennzeichnet eine Verschiebung der PPF nach außen
eine Erhöhung der Produktionskapazitäten der Wirtschaft.
Eine Aufzählung, was alles Wachstum erzeugen kann: neue Technologie,
Arbeitsteilung mit Spezialisierung, neue Produktionsmethoden,
Zunahme an Arbeitskräften
(über Geburtenrate, mehr Berufstätigkeit oder Einwanderung),
Entdeckung von Schlüsselressourcen wie Öl.
Zu einem Wachstumsrückgang führen dagegen die Erschöpfung von Ressourcen,
Ausbleiben von Investitionen oder Fehlinvestitionen, Zerstörung von Produktionskapital
durch Konflikte oder Katastrophen.
Kakarot-Handtke: Die Nebenrolle des Gesamtgewinns
Kakarot-Handtkes strukturelle Analyse des
Auf- und Abbaus von Kapital bietet eine kohärente Sicht auf
die Zusammenhänge zwischen realem und nominalem
Sparen—Investieren, von Gewinn—Verlust,
von Geld—Kredit und von interner—externer Finanzierung.
Egmont Kakarot-Handtke ([2], übersetzt):
„Der finanzielle Gewinn des
Unternehmenssektors” Qm
in einer Periode ist definiert als „Differenz zwischen den
Verkaufserlösen — für die gesamte Wirtschaft identisch mit
den Konsumausgaben — und den Kosten — hier identisch mit
den Lohneinkommen …. Damit der Unternehmenssektor als Ganzer
einen Gewinn macht, müssen die Verkaufserlöse größer sein als die
Lohneinkommen” (im einfachen Fall der Reinen Konsumwirtschaft).
Damit Gewinn auftritt, „muss der Haushaltssektor mindestens in einer
Periode ein Defizit machen. Dies wiederum macht den Einschluss des
Finanzsektors unverzichtbar” zur Unterstützung der begleitenden
Kreditexpansion.
„Wenn das Einkommen höher ist als die Konsumausgaben,
steigt der Geldbestand des Haushaltssektors.”
‚Finanzielles Sparen’
ΔMH ist bei den Privathaushalten der
Rest aus Einkommen minus Konsumausgaben.
„Die Veränderungen im Geldbestand aus Sicht der Unternehmen
sind symmetrisch zu jenen der Privathaushalte.”
„Die Verwendung von Investitionsgütern
in der Produktion von Konsumgütern beeinflusst
die Produktivität, aber nicht den Gewinn.”
„Die physische Einbringung von Investitionsgütern erzeugt
weder zusätzliche Faktoreinkommen noch Gewinne.” [2, übersetzt]
Romanchuk: Gesamtgewinn mit Investitionen, Staat, Außenhandel
Brian Romanchuk unterscheidet (in [3] und [4]) folgende Arten von
Investltionen im Kreislauf [3, übersetzt]:
• „Investitionen erschaffen nicht-finanzielle Vermögenswerte,
die voraussichtlich zukünftige Gewinne erzeugen werden. Ein Trick:
sie können entweder Anlageninvestitionen oder Lagerinvestitionen sein.”
• (Brutto-)Investitionen müssen getrennt betrachtet werden nach
Ersatz-Investitionen und Netto-Investitionen
• Ersatz-Investitionen sind langfristig Gewinn- und
Wachstums-neutral:
Sie füllen den zwischenzeitlich
abgesenkten Kapitalwert wieder auf
• Netto-Investitionen = Brutto-Anlageninvestitionen - Abschreibungen +
neue Lager-Investitionen - Wert der aus dem Lager verkauften Waren
„Investitionen sind ein weiterer Geldabfluss aus dem Firmensektor,
der keine Aufwendung ist. Im Ergebnis entstehen aus dem Kreislauf Einkünfte,
denen keine Lohnkosten gegenüber stehen — also Gewinne.”
Die Grundformel dazu:
Gesamtgewinn = Gewinnausschüttungen + Netto-Investitionen
– Sparen der Privathaushalte.
Er untersucht in seinem Folgebeitrag [4, übersetzt]
die Rolle des Staates und des Außenhandels.
Zentral ist zunächst der Begriff des staatlichen Defizits.
Er folgt „… der Konvention ökonomischer Modelle,
Staatsausgaben als Konsum zu behandeln”.
Staatsdefizite erzeugen Firmengewinne, weil „… der Staat jetzt
Geld in den ökonomischen Kreislauf pumpt, …
dem keine Lohnausgaben gegenüber stehen”.
„Für die Gewinne kommt es auf die volle Staatsbilanz an,”
einschließlich der Zinszahlungen, welche „…
eine Einkommensquelle für den privaten Sektor sind”.
Die Gewinn-Formel wird erweitert um + Staatsdefizit.
Zwischenfazit: „… ein Fokus auf das
Zusammenwirken zwischen Staatsdefizit und Gesamtgewinn gesteht der
Fiskalpolitik ein sehr viel größeres Gewicht zu,
als die sogenannte inter-temporale Budgetbeschränkung nahelegt”.
Dann wendet er sich dem Außenhandel zu.
Für den Gesamtgewinn kommt es hier auf die inländische Gesamtrechnung an,
nicht auf Gewinne, die inländische Firmen in ihren
Auslandsniederlassungen machen.
Zum Thema Protektionismus: „Aus der Perspektive der
Optimimisierungsentscheidungen der Privathaushalte ist Freihandel
offensichtlich von Vorteil, da er Konsumgelegenheiten eröffnet.
Jedoch ist ein Handelsdefizit negativ für inländische
Firmengewinne?.”
[ ?) Stimmt das? ]
Die umfassende Gewinnformel des Firmensektors lautet schließlich:
[¹) „- Netto-Importüberschuss” in Romanchuks Original
(die USA sind importlastig)]
Kakarot-Handtke (Kommentar in [3]) besteht dagegen auf seiner Formel
Qm=Yd+(I−Sm)+(G−T)+(Ex−Im),
welche aber identisch ist, wenn man I als Netto-Investitionen nach obiger Definition
von Romanchuk interpretiert.
Kakarot-Handtke (Kommentar in [4], übersetzt) gesteht Romanchuk jetzt zu,
„dass er nun die makroökonomische Gewinngleichung verstanden hat”.
„Der finanzielle Gewinn” in der zweiten Periode „macht
es möglich, die laufenden Überziehungen des Unternehmenssektors abzubezahlen
…”
„Investitionsgüter, die länger funktionieren als ihrem Buchwert entspricht,
sind wie Manna vom Himmel. Der Manna-Effekt hängt von der physikalischen
Lebensdauer der Investitionsgüter ab. Vom Beginn bis zum Ende des
Zweiperioden-Prozesses von Investition und Deinvestition aus gesehen,
hebt sich die Reine Konsumwirtschaft auf ein höheres Produktionsniveau.
Die Investitionswirtschaft kann daher als zeitweise Abweichung von der
Reinen Konsumwirtschaft gesehen werden. Im historischen Kontext heißt
‚zeitweise’: die letzten 250 Jahre.”
Vom asymmetrischen Investitionszyklus her „… kann man
positivesreales Sparen (d.h. nicht vorhandener
Produktionsausstoß) und nullfinanzielles Sparen
(d.h. zukünftige Ausgaben-Fähigkeit) in der gleichen Periode beobachten.
Das Fehlen einer rigorosen konzeptionellen Unterscheidung in der Standard-
und der Keynesianischen Ökonomie ist letztlich die Quelle des
Investitionen≡Ersparnis-Fehlers,
der wiederum Beschäftigungstheorien sinnlos macht, die entweder auf dem
Lohnmechanismus oder auf effektiver Nachfrage beruhen, aber
gemeinsam mit I=S als Gleichgewichtsbedingung.”
„Es ist offensichtlich, dass die Wirtschaft inhärent
instabil ist. Wenn die Investitionen gekürzt werden, fallen die Gewinne²,
und diese Tendenz verstärkt sich selbst.
Diese positive Rückkopplung wird normalerweise verstärkt durch finanzielle Probleme,
die einem besonderen
Mix von interner und externer Finanzierung geschuldet sind.”
[ ²) erwartete zukünftige Gewinne ]
Unter vereinfachenden Bedingungen „… erhalten wir das gleiche Ergebnis
wie Minsky (2008, p. 164). Seine Theorie kann deshalb als Spezialfall des
strukturell-axiomatischen Ansatzes
mit einer Gewinnausschuttung von null gelten.”
Allgemein „macht die Gewinnausschuttung das Leben für den
Unternehmenssektor leichter und entkoppelt die Gewinne vom Wachsen des
nominalen Kapitalbestands. Jedoch setzt Gewinnausschuttung eine positive
Rückkopplung eigener Art in Gang.”
„Zusammenfassend müssen zwei Punkte betont werden.
Erstens hängt der Gesamtgewinn
einer Wirtschaft nicht von der
Produktivität der Investitionsgüter ab. Er hängt
von den nachfolgenden
Investitionsausgaben ab,
d.h. er nährt sich selbst.” „… es gibt also
keine objektive Grenzeffizienz des Kapitals.
Wenn der Unternehmenssektor als Ganzer eine höhere Verzinsung der realen
Investitionen wünscht, muss er in Zukunft mehr investieren — wobei
Sparen, Gewinnausschüttung, usw. natürlich gleich bleiben müssen.
Für die Wirtschaft als Ganzer beweisen Investitionsausgaben ihre
Profitabilität durch weitere Investitionsausgaben.
Zweitens ist Wachstum
unverzichtbar für die Rentabilität des Marktsystems.
Die Voreingenommenheit der Standardökonomie mit Gleichgewicht und
Effizienz verkennt das Wesentliche. In bemerkenswertem Kontrast dazu
waren sich die Klassiker und Keynes voll bewusst, dass Kapitalansammlung
der Treiber des Marktsystems ist. Starkes Wachstum überrennt alle
Unvollkommenheiten, Ineffizienzen und die Tendenz der fallenden Gewinnquote.
Daran festzuhalten, dass die effiziente Nutzung vorhandener Ressourcen
das ultimative Geheimnis des Erfolgs der Marktwirtschaft sei, ist bestenfalls
naïv.”
„Eine reale Gewinnquote existiert nicht, weil Gewinn”
… eine rein nominale Größe ist.” … „Der Mehrwert in
einer Tauschwirtschaft ist konzeptuell etwas völlig Anderes als Gewinn in einer
Geldwirtschaft.” … „Produktivität
ist ein reales Phänomen und Gewinn ist ein nominales Phänomen.”
„Asymmetrisches Wachstum ist unerlässlich für die
Rentabilität des Marktsystems.”
Kakarot-Handtke: Variierende Produktivität
Egmont Kakarot-Handtke in einem weiteren Artikel ([5], übersetzt):
Über die unterschiedliche Sichtweise einer Firma und der Gesamtwirtschaft:
„Eine höhere Produktivität R führt offensichtlich zu einem höheren Gewinn
(wenn alle anderen Umstände gleich bleiben). Das stimmt mit der allgemeinen
Überzeugung und mit der Erfahrung in einer einzelnen Firma überein.”
Seine Gleichung 7 „zeigt andererseits, dass
Produktivität für den Gesamtgewinn
irrelevant ist. Beide Ansichten sind jeweils korrekt.
Es ist ein einfacher, aber nichtsdestoweniger häufiger, logischer Fehler,
die Erfahrungen einer einzelnen Firma zu verallgemeinern.
Für die Wirtschaft als Ganzer gibt es keinerlei
Beziehung zwischen Produktivität und Gewinn.”
In einer Modell-Ökonomie lässt er die Produktivität nicht-kontinuierlich
mit Änderungen der Arbeits- und Ressourcen-Einsatzquoten und der
Reorganisation des Produktionsprozesses variieren. „…
die Umwandlung von Energie in großem Ausmaß in mechanische Arbeit
ist eine entscheidende Determinante von Produktivität” (nach
Rosenberg und Birdzell, 1986). „Für Produktivitätsänderungen,
die zum großen Teil auf technischen Entwicklungen, Wissen und
Humankapital beruhen …, kann keine
allgemeine Formel aufgestellt werden.”
„Es gibt kein Grenzfaktorprodukt”
„Die relativen Ressourcen-Preise hängen … — unter den
Bedingungen von Markträumung und gleichen Lohnquoten —
allein von den umgekehrten Produktivitätsverhältnissen ab, also von
realen Variablen.”
„Der Reallohn hängt von der Produktivität ab, die wiederum von der
sequentiellen Produtionsfunktion abhängt, die alle Ressourcen umfasst.
Der Gewinn ist keine Faktor-Vergütung.
Die strukturell-axiomatische Bestimmung der Ressource-Preise ist frei von
nicht-überzeugenden Annahmen über Vorlieben, Technologie und Wettbewerb.”
Über das Humankapital
Der schwedische post-Keynesianische Ökonom Lars P. Syll besonders
über den unklaren Begriff Humankapital ([6], unübersetzt):
“In one way one might say that increasing returns is the darkness of the mainstream economics heart. And this is something most mainstream economists don’t really want to talk about. They prefer to look the other way and pretend that increasing returns are possible to seamlessly incorporate into the received paradigm — and talking about ‘human capital’ rather than knowledge/ideas makes this more easily digested.”
Wachstum hängt an Energiequellen, nicht am Kapital
Der kanadische Ökonom und Ökologe Bernard C. Beaudreau ([7], übersetzt):
„… heute ist die Wachstumsfrage
mißverstandener denn je.”
Es sind „… außerhalb der Ökonomie materielle Abläufe gut
verstanden worden, wo es keine Notwendigkeit gegeben hat und gibt,
so merkwürdige Benennungen wie das Solow Residual …” zu benutzen.
Das Grundwissen der Mechanik lehrt uns, dass „alle Arbeit letztlich das
Ergebnis der Anwendung von Kraft und Energie ist. Noch wichtiger: davon kann
es weder Ausnahmen geben noch Verstöße gegen physikalische Gesetze.”
„… Ökonomie ist die einzige auf materiellen Abläufen beruhende Disziplin,
in der Wachstum im Wesentlichen unverstanden ist,
und was angenommen wird (die Rolle von Arbeit und Kapital),
ist in Wirklichkeit eine Illusion …”
Die Verantwortung dafür laste auf den Schultern der ganzen Zunft.
Für mich (O.F.) bleibt danach für die Bestimmungsgründe und Vorhersage von
zukünftigen Arbeitsplätzen, Produktivität und Wachstum, auch für die Folgen
der Digitalisierung, als Schlussfolgerung:
Nichts Genaues weiß man nicht.
Gibt es Nullwachstum?
Mit der Frage nach der Nachhaltigkeit geht es stattdessen um
möglichst we­nig Wachstum, Nullwachstum oder sogar schrumpfende Wirtschaft.
Angestoßen wurde sie durch einen Workshop des DIW im Auftrag von
Greenpeace 1997 in Hamburg[8],
sowie aufgearbeitet und zusammengefasst 2013 in Berlin[9] durch die
Wissenschaftliche Arbeitsgruppe
Nachhaltiges Geld.
Jürgen Blazejczak: Es „… zeigt sich, dass ein stationäres
marktwirtschaftliches System, das hier mit Nullwachstum des realen Sozialproduktes
gleichgesetzt wird, hochgradig instabil ist
und die heute existierenden
Beschäftigungsprobleme
massiv ansteigen lassen würde. […]
Fazit: In einer stationären Volkswirtschaft gelten
außerordentlich restriktive Gleichgewichtsbedingungen:
Sparen und Nettoinvestitionen sind Null,
falls Gewinne erwirtschaftet werden, müssen sie — abgesehen von
Konsumenten- und Staatskrediten — vollständig konsumiert werden.”
Also keine Kapitalanlage.
[8])
Jürgen Blazejczak (Hrsg.): „Zukunftsgestaltung
ohne Wirtschaftswachstum”. Ergebnisse eines Workshops des DIW
im Auftrag von Greenpeace Deutschland.
DIW Discussion Papers 168, 1998.