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• Ungleichheit: Brennendes Problem und seine populäre Erklärung
• Gesamtgewinn entsteht nicht aus Wirtschaftswachstum
• Gesamtgewinn entsteht nicht aus einem Verteilungskampf
• Defizite, Verschulden und Gewinne
• Gesamtgewinn-Erzielung und Vermögensansammlung
• Auseinandersetzung mit der MMT-Bewegung
• Mindestlohn und Umverteilung
• Nur Aufteilen oder auch Vermehren?
Ungleichheit: Brennendes Problem mit populärer Erklärung
Pikettys Thema[1] ist akut, seine Erklärung[2] zweifelhaft.
Gehaltsunterschiede
Piketty liegt hier richtig. Von wegen Humankapital: Produktivität gegen Macht[3] (siehe Zahlung von Boni auch bei Verlust).
Gesamtgewinn entsteht nicht aus Wirtschaftswachstum
Piketty irrt: Es gibt keine gesamtwirtschaftliche Kapitalrendite.
Wirtschaftstheorie irrt hier seit über 200 Jahren.
Binswangers Analyse[4] verknüpft fälschlich Wachstum und Gesamtgewinn.
Egmont Kakarot-Handtke[5, übersetzt]: „… ist es unangebracht,
von ‘Gewinneinkommen’ zu sprechen, weil Gewinn die Differenz
von Vermögensflüssen und nicht ein Vermögensfluss wie Lohneinkommen ist.
Lohneinkommen und Gewinn können nicht zu einem Gesamteinkommen zusammen
addiert werden, und Gewinn ist kein Anteil des Gesamteinkommens.”
Produktivitätssteigerungen können das Wachstum fördern, aber nicht den Gesamtgewinn.
Investitionen wirken per Ausgabeneffekt auf den Konsum
und so auf den Gesamtgewinn.
Gesamtgewinn entsteht nicht aus einem Verteilungskampf
Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften irren hier (oder tun so, um ihren Mitgliedern zu imponieren). Der Preismechanismus sorgt dafür, dass weder ein Anheben des Lohnsatzes den Reallohn erhöht noch ein Aufschlag auf die Preise den Gesamtgewinn vergrößert. Allerdings können Produktivitätsänderungen das Preis/Lohn-Gefüge verschieben. Das wirkt jedoch nicht direkt auf den Gesamtgewinn.
Egmont Kakarot-Handtke ([6], übersetzt): „Der makroökconomische Gewinn Qm wird nur bestimmt durch die Konsumquote, Qm≡(ρE−1)Yw, und NICHT durch den Gewinnaufschlag κ. Dies heißt, dass die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer OHNE Bedeutung für die Gewinnquote Qm/Yw ist”.
Defizite, Verschulden und Gewinne
Defizite und Verschulden anderer Sektoren erzeugen den Gesamtgewinn des Firmensektors. Alles Andere stärkt allenfalls relative Gewinne — die Verteilung unter den Firmen.
Der makroökonomische Gewinn definiert sich im Prinzip genau so wie der mikroökonomische Gewinn: Erlöse minus Kosten, d.h. der in der Grafik unten rot umstrichelte Bereich: C' (=Konsum+Invetitionen=Verkaufserlöse) minus YW (=Lohneinkommen). Nur muss der Geldkreislauf sicherstellen, dass mehr gekauft wird, als die Produktion gekostet hat (um einen positiven Gesamtgewinn des Firmensektors zu erzielen). Saldenmäßig ist das nur möglich, wenn die anderen Sektoren sich mehrheitlich verschulden.
Ausschnitt aus den Gesamtbeziehungen, konzentriert auf Konsum, Einkommen und Gewinn:
Äußere Vorgaben (hier durch Stellräder) sind die Gewinnausschüttungs-/Nachschussquote ρD' (bei mir als Anteil vom Gewinn/Verlust, statt in Bezug zum Lohneinkommen wie bei Kakarot-Handtke), die Konsumausgaben-Quoten ρEW der Lohnbezieher- und ρED der Ausschüttungsbezieher-Haushalte, und das aktuelle Verschulden anderer Sektoren -Sm (negatives Sparen der Privathaushalte, Staatsverschuldung oder Leistungsbilanzüberschuss).
Die Gesamtgewinn-steigernde Wirkung einzelner Größen laut EKH[7]:
+ Investitionen haben großen indirekten Einfluss.
+ Hohe Konsumausgaben gemäß der Konsumquote der Lohnbezieher (kein Sparen, eher zunehmendes Verschulden durch Konsumenten-Kredite) fördern den Gesamtgewinn.
+ Zunehmende Staatsdefizite (Staatsverschuldung) oder Exportüberschüsse (zunehmende Verschuldung des Auslands) fördern den Gesamtgewinn.
+ Hohe Gewinnausschüttung an die Anteilsberechtigten erhöht den Gesamtgewinn (durch positive Rückkopplung über die Konsumquote der Ausschüttungsbezieher).
Ursachen heutiger Einkommensverteilung nach Egmont Kakarot-Handtke [8, übersetzt]:
„… in den letzten Jahrzehnten wurde der (Welt)Gesamtgewinn angetrieben
durch das Wachstum in Asien (hohe Investitionen), durch Entsparen, d.h. das Anwachsen
privater Schulden hauptsächlich in den USA, durch den weltweiten Anstieg
öffentlicher Schulden und die hohe Gewinnausschüttung hauptsächlich in den USA.
Der Gesamgewinn wurde zwischen den Staaten verteilt über Exportüberschüsse/defizite.
Vereinfacht gesagt: wenn die Akkumulation (= I) sich in China/Asien abschwächt und
der Welt-Gesamtgewinn zurück geht, dann auch die Welt-Gesamtverteilung sinkt,
daraufhin auch wieder der Gewinn sinkt, dann gehen die Investitionen zurück, usw.
Steigende Arbeitslosigkeit und fallende Löhne BESCHLEUNIGEN die Abwärtsspirale.
Die Marktwirtschaft ist
NICHT selbst-korrigierend.”
Egmont Kakarot-Handtke [9, übersetzt]:
„… der Preismechanismus ist NICHT selbst-stabilisierend. Ganz im Gegenteil.
Im Zentrum der Marktwirtschaft befindet sich
eine destabilisierende positive Rückkopplung.”
„Gewinn hat NICHTS zu tun mit Mehrwert oder Ausbeutung, sondern mit deficit spending/Entsparen des Privathaushaltssektors. Gewinn kann nicht einem Faktor zugerechnet werden. Dies ist der fundamentale methodische Mangel klassischer und neoklassischer Verteilungstheorien.” [10, übersetzt]
Gesamtgewinn-Erzielung und Vermögensansammlung
Der Gesamtgewinn ist nicht das Einkommen der Kapitalbesitzer, sondern die ausgeschütteten Gewinne sind ihr Einkommen. Nur darüber können sie Vermögen ansammeln.
Im Kern des makroökonomischen Mechanismus für den Gesamtgewinn steckt eine Vermögensanhäufungs-Maschine:.
Diese Maschine funktioniert nur solange, wie der Gesamtgewinn nicht oder nur kurz ausfällt.
Auseinandersetzung mit der MMT-Bewegung
MMT: Als vernünftiges Ziel wird die Garantie der Vollbeschäftigung über eine fortschreitende Verschuldung des Staates propagiert — aber sie würde wegen der Zinszahlungen langfristig den 1-Prozentern statt den 99-Prozentern nützen.
Mindestlohn und Umverteilung
Mindestlohn senkt zwar nicht (wie befürchtet wurde) die Beschäftigung, aber erhöht auch nicht das Gesamtlohnniveau (wie naiv erhofft wurde), sondern ebnet nur die Verteilung etwas ein. Solange die starke Ungleichverteilung anhält (doch die Gewinnsituation kann sich schnell ändern, die Vermögenssituation danach aber erst allmählich) bleibt als wirksamstes Mittel dagegen nur eine gerechte Sekundärverteilung: Belastung der Wohlhabenderen über Steuern und Gebühren und Entlastung der Anderen. Problem: Wie entlastet man die Ärmsten, die nicht einmal Steuern zahlen und von Hartz-4 nicht leben können?
Nur Aufteilen oder auch Vermehren?
Bei Verteilung wird zu oft nur an eine Aufteilung des Vorhandenen zwischen zwei Gruppen gedacht — ein Nullsummenspiel[9]. Dabei kann die Unterstützung von unterprivilegierten Schichten oder armen Ländern Kräfte freisetzen, die zu einer „Vergrößerung des Kuchens” führen.
Oskar Fuhlrott,