Die „Riester”-Reform (2003/2004) senkte das Rentenniveau der Gesetzlichen Rente in mehreren Stufen um fast ein Viertel (das Niveau, nicht die Renten absolut — daher haben es wegen des gleichzeitigen Wirtschaftswachstums und einer Schutzklausel Viele garnicht bemerkt). Der offensichtliche Zweck war die Kostensenkung für die Arbeitgeber (welche die Gesetzliche Rente in gleicher Höhe wie die Arbeitnehmer finanzieren müssen). Diese Senkung der Arbeitskosten könnte positive Wachstumseffekte ausgelöst haben. Soweit der Nutzen.
Da die Rentenniveau-Senkung bei Umlagefinanzierung mit einer entsprechenden Senkung des Beitragsniveaus verbunden ist, haben Viele vermutet, die Reform nutze nun den jüngeren Beitragszahlern. Das ist aber zu kurz gedacht. Um das gesenkte Rentenniveau (teilweise) auszugleichen, wurde den Arbeitnehmern die neu geschaffene „Riester”-Rente empfohlen, kapitalgedeckt und garniert mit Förderungen und allerlei Drumherum, bis die derart Umworbenen und Verwirrten nicht mehr merkten, dass sie nun viel Weniger bekommen. Weil die Arbeitgeberbeiträge fehlen, müsste eine Ersatzrente etwa doppelt so ergiebig sein, um an die Gesetzliche Rente heranzureichen. Solche Wunder-Finanzquellen gibt es nicht. Die Gesetzliche Rente spielt „in einer anderen Renditeliga” — jede Art von Ersatz-/Ergänzungsrente muss (ohne Arbeitgeberanteil) tiefer spielen. Genutzt hat die „Riester”-Rente nur Banken und Versicherungen.
Von den Befürwortern wird auch noch argumentiert, wenigstens habe die Senkung die Gesetzliche Rente bei zunehmender „Überalterung” des Versichertenbestands bezahlbar gehalten. Tatsache ist dagegen, dass diese Überalterung im Rentensystem nach aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung noch immer nicht angekommen ist (wie ich an anderer Stelle zeige).
Und wenn dann die demographische oder Arbeitsmarkt-Entwicklung doch zuschlagen wird, sorgt der 2007 in die Rentenanpassung eingeführte Nachhaltigkeitsfaktor für gerechten Ausgleich — ohne geändertes Rentenzugangsalter.
Grundsätzlich funktioniert jedes Altersvorsorge-System nach dem Prinzip „fortlaufende kollektive Einzahlungen = fortlaufende kollektive Auszahlungen”
Siehe auch: Prinzipieller Renditevergleich verschiedener Vorsorgesysteme
Unterscheidung der Begriffe | ||
Ø-Rentenhöhe | = Durchschnitt Ø der aktuell ausbezahlten Renten | |
---|---|---|
Rentenniveau | = Verhältnis der Ø-Rentenhöhe | / zu letzten Ø-Nettolöhnen |
Kollektive Rendite der
Rente (für Arbeitnehmer) |
= Verhältnis der Rentenzahlungen | / zu Arbeitnehmerbeiträgen |
Durch die „Riester”-Reform wurde
• die Zunahme der Rentenhöhe gebremst,
• das Rentenniveau stark gesenkt (ohne die Rentenhöhe
absolut zu senken),
• die kollektive Rendite der Gesetzlichen Rente
konstant gehalten (= min-
dest. das Doppelte jeder Ersatz-/Ergänzungsrente
ohne Arbeitgeberbeitrag).
➨auch Magnus Brosig: Gute Renten aus Aktienhand? Die Illusion von der Kapitaldeckung. Arbeitnehmerkammer Bremen, 2023
Oskar Fuhlrott, Oktober 2023, Kopieren erwünscht