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Der Weg zu Präzision und Konsistenz
Zwei Jahrhunderte lang hielten die Ökonomen das Gesamteinkommen als die Summe der Produktionsfaktor-Kosten Löhne und Gewinne. Aber die Gewinne können gesamtwirtschaftlich nicht einem Faktor Kapital zugeordnet werden. Es entstanden alle die fehlerhaften Theorien auch von Karl Marx (angebliche Verbindung zwischen Kapital und Gesamtgewinn; gesamtwirtschaftliche Ausbeutungstheorien) und John M. Keynes (falsche Gleichung: Investitionen = Sparen), sowie Trugschlüsse im neoklassischen Mainstream über den Gesamtgewinn als Faktorvergütung, Anteil der Produktion, spiegele Produktivitätsteigerungen, ...
Die Konsistenz keiner der Theorien bestätigte sich in den ökonometrischen Berechnungen wirklich exakt. Für einzelne Bereiche entwickelten einige Post-Keynesianer die stock-flow consistency-Methode zur Prüfung und Integration der materiellen mit den finanziellen Sichten. Das ist eine Art Buchführungsmethode. Die kaufmännische Buchführung („Doppelte Buchführung” ohne Hintergedanken — “double-entry bookkeeping”) wurde im Mttelalter in Oberitalien zur dynamischen Wahrung eben der Konsistenz aller Berechnungen entwickelt.
„Die Grundlagen schuf Luca Pacioli. Er verhalf mit seiner Publikation Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità im Jahr 1494 der doppelten Buchführung zum Durchbruch. Im 18. Jahrhundert gab François Quesnay die Anregung einer systematischen Darstellung. Er entwickelte das Tableau économique eines geschlossenen Güter- und Wirtschaftskreislaufs” und zeichnete „auch alle Strombewegungen zwischen den Sektoren auf. Ein weiterer wesentlicher Beitrag zur Entwicklung der modernen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung stammt von Karl Marx. Marx griff Quesnays Tableau auf und machte es zur Grundlage seiner Kreislaufanalyse … im zweiten Band seines Hauptwerks …” [WIKIPEDIA: „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung”, abgerufen am 15.12.2018].
Der Ökonomieprofessor Wolfgang Stützel hatte 1958 ein dickes Buch über seine „Volkswirtschaftliche Saldenmechanik” geschrieben, das auch heute noch viel gekauft wird. „Die Saldenmechanik ermöglicht es, die regelmäßig notwendigen Verhaltensannahmen der volkswirtschaftlichen Theorien und Postulate auf ein logisches Fundament gesamtwirtschaftlichen Denkens zu stellen (Größenmechanik). Dabei werden bisherige Fehlschlüsse in der Preis-, Geld- und Konjunkturtheorie aus einzelwirtschaftlichem Denken … überwunden.” [WIKIPEDIA: „Volkswirtschaftliche Saldenmechanik”, abgerufen am 16.12.2018].
Mit der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gibt es eine offizielle Buchführung, an die alle Statistikämter ihre Daten liefern — aber ist die präzise genug? In der VGR können mehrere Größen auf verschiedenen Wegen berechnet werden. Aus den Abweichungen zwischen diesen Größen, die ja theoretisch gleich sein müssten, kann man die (Un)Genauigkeit ablesen. Die Forderung nach noch mehr Präzision brachte Maurice Allais (Wirtschafts-„Nobelpreis” 1988, aber nicht dafür) auf die korrekte Gleichung für eine monetäre Ökonomie: Gesamteinkommen = Löhne + ausgeschüttete Gewinne (wenn das Produktionsergebnis höher ist als das Gesamteinkommen, wurden in den Firmen Gewinne einbehalten und erhöhen nicht das geldliche Einkommen der Anteilsberechtigten, sondern die Macht der Firmen).
Egmont Kakarot-Handtkes Theoriengebäude fußt auf seinen guten Kenntnissen der modernen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung mit ihrer Genauigkeit von heute meist zwei Dezimalstellen.
„Kybernetik”, Jay W. Forrester und der Club of Rome, Schulstoff heute,
aber hier mit Gleichungen/Äquivalenzen: = ohne Kausalität,
statt ←
Das Wort „systemisch” vor Makroökonomie hat nichts mit systemischen Risiken wie bei der Bankenkrise zu tun, sondern mit der Darstellung der Dynamik in sogenannten Systemischen Netzen und der allgemeinen Systemtheorie. Es handelt sich um die grafisch darstellbare Umsetzung von Elementen und Symbolen aus der ingenieurstechnischen Regelungstheorie in wirtschaftliche/soziale Zusammenhänge, anfangs unter dem Namen „Kybernetik” bekannt.
Ich hatte Mitte der 1960er Jahre in Hamburg unter Prof. Gérard Gäfgen das Glück, in seinem wirtschaftswissenschaftlichen Seminar (in dem er jeden Teilnehmer zur Suche eigener Themen ermunterte) ein selbst bestimmtes Referat „Kybernetische Ansätze zur Wirtschaftstheorie” durch damals noch mühsam manuelle Literatursuche (in der Staatsbibliothek und der Bibliothek des Mathematischen Instituts) zu erarbeiten. Das Referat und die schriftliche Ausarbeitung fanden starke Beachtung, auch nachher noch bei Assistenten anderer Professoren.
Der Elektrikingenieur Jay W. Forrester begründete die Systemdynamik, die Interaktionen zwischen Objekten in dynamischen Systemen simulieren will. Seit 1956 war er Management-Professor am MIT. Sein Ende der 1960er Jahre entwickeltes Modell für Städteplaner brachte ihn mit Mitgliedern des Club of Rome und Problemen der Nachhaltigkeit zusammen. Mit seinem Buch über Weltdynamik 1971 nahm er sich der komplexen Interaktionen in der Welt-Ökonomie, -Bevölkerung und -Ökologie an und beeinflusste das Buch seiner Schüler Donella und Dennis Meadows „Die Grenzen des Wachstums”, Deutschland 1972.
Inzwischen gehört sein Ansatz zum mathematischen Unterrichtsstoff in Berufsschulen, mittleren und höheren Schulen: „Denken in Netzen — systemisch denken”, blikk-Verlag, Bozen 2010. Für die Sekundarstufen 6, 8 und 10, mit Programmierung von Aufgaben in Excel.
Forresters Symbole für die System Dynamics
sehen nicht nur anders aus als meine, sie drücken auch etwas anderes aus.
System Dynamics verwendet Funktionsgleichungen
(„⇒”) für die Flüsse (die in der
Systemischen Makroökonomie nicht gebraucht werden),
während wir allgemeine Äquivalenzgleichungen („≡”)
ohne Kausalität voraussetzen (Wirkungen in beide Richtungen).
Statt mit einem Analogon „fließende Flüssigkeit” ist hier
mit dem Analogon „Druckausgleich in komprimierbaren
Gasen” zu denken.
Eine Anwendung einer systemischen Rückkopplung zum Lehren der endogenen Sicht auf die Geldschöpfung in einem Stock-Flow-konsistenten Modell berichtet David Wheat: “Endogenous Feedback Perspective on Money in a Stock-Flow Consistent Model.”, 2016.
Wie ist meine grafische Notation zu lesen? Hier z.B. der Preismechanismus: Diese Formel bedeutet nicht nur W≡P·R, sondern auch P≡W/R und R≡W/P.
Regelungstheorie, MONIAC-Maschine, Phillips-Kurve und ein entscheidender Streit:
Neoliberale stellen Keynesianismus bloß – durch Fehlinterpretation einer Phillips-Kurve
Alban William Housego Phillips war in Neuseeland geboren, siedelte als Kind nach Australien über und mit 37 nach Großbritannien zum Studium als Elektroingenieur, wobei er auch Regelungstheorie lernte. Im Weltkrieg kam er zur Air Force, was zu 3½ Jahren in japanischer Gefangenschaft (mit bleibenden Gesundheitsschäden) führte. Nach dem Krieg studierte er in London Soziologie, später Ökonomie. Noch während seines Studiums baute er 1949 den Analogcomputer MONIAC für volkswirtschaftliche Berechnungen. Verschiedene Wassertanks repräsentierten Haushalte, Wirtschaft, Staat, Export und Import und berechneten Modelle nach den Theorien von Keynes und etwas klassischer Nationalökonomie. Das weckte das Interesse auch anderer Institute und von Firmen, die insgesamt 14 Exemplare bauen ließen. Originale MONIACs gibt es noch an 12 Orten. Ein Replikat von 2005 steht im Museum in San Francisco. Die Systemische Makroökonomie hätte da vielleicht direkt aufsetzen können — schon 70 Jahre eher!
Bei meiner oben erwähnten Suche (Mitte der 1960er Jahre) nach Bezügen zwischen „Kybernetik” und VWL fand ich einen Phillips-Artikel als Einziges in der ökonomischen Literatur: “Mechanical Models in Economic Dynamics”, Economica 17/1950, pp. 283-305.
Berühmt wurde seine Phillips-Kurve, die einen Zusammenhang zwischen der Arbeitslosenquote einerseits und Lohn- bzw. Preisniveau-Änderungen andererseits beschreibt und empirisch untermauert. Phillips' Arbeit selbst blieb ohne beschäftigungspolitische oder andere gesamtwirtschaftliche Ratschläge.
Die populäre Ersetzung der Lohnerhöhungsrate durch die Inflationsrate sowie eine feste Beziehung zwischen Nominallohn- und Preisniveau-Änderungen (durch Samuelson und Solow — von Kakarot-Handtke „Bastard-Phillips-Kurve” genannt) führte zu einer folgenschweren Kontroverse, als dann weitere empirische Befunde wie die Stagflation (nur) dieser erweiterten Theorie widersprachen. Die Gegner deuteten dies als Widerlegung des Keynesianismus. Die Neoklassik wurde so um 1970 wieder Mainstream (“economics — captured by a small and dangerous sect”): Der Wieder-Durchbruch der Neoklassik und seiner populären neoliberalen Ausdeutungen! Erst Kakarot-Handtkes axiomatisch-strukturelle Version der Phillips-Kurve bestätigt Gültigkeit und Genauigkeit des Originals:
Es bestätigt seine strukturell-sytemische Phillipskurve, welche eine Stagflation tatsächlich explizit voraussagt. Ein isolierter Anstieg des durchschnittlichen Lohnsatzes erhöht die Beschäftigung. Ändern sich Lohnsatz, Preisniveau und ausgeschüttete Gewinne mit gleicher Rate, bleibt die Beschäftigung konstant. Ein Rückgriff auf (rationale oder andere) Erwartungen oder andere Verhaltensannahmen ist überflüssig.