Fernwarn-Radare: Technik und Schutz des Über-den-Horizont-Spähens

Grundprinzipien der RADAR-Technik

RADAR steht für Radio Detection and Ranging: Starke gebündelte, in die Ferne gerichtete elektromagnetische Wellen werden ausgestrahlt und wer­fen an elektrisch leitenden Objekten (z.B. aus Metall) ein schwaches Refle­xionsecho zurück, das ausgewertet werden kann nach Richtung (entspricht dem Drehwinkel des Senders), Entfernung (nach Laufzeit seit Aussendung) und Empfangsstärke (als Helligkeit).

Der Empfang muss abgeschirmt werden vor der starken Strahlung der Sen­de-Antenne. Das kann auf verschiedene Art geschehen. Im Impulsverfahren wird die Parabolantenne in beiden Richtungen nacheinander genutzt: Nach starkem Sendeimpuls wird umgeschaltet auf Empfang schwacher Signale.

Starker Sender Schwacher Empfang Zielobjekt RADAR-Bild: /> Entfernungsmessung im Impulsverfahren (extrem zeitgedehnt): ImpulsphaseEchophase Winkelhalbierende

Kontinuierliche Dauerstrichsysteme dagegen nutzen Frequenzmodulationen.

Die Senderichtung und Empfangsauswertung schreiten kontinuierlich weiter, um ein Gesamtbild zusammen zu setzen. In älteren Geräten wird der Win­kel mechanisch durch Dreh- oder Schwenkbewegung bestimmt, während moderne Phased-Array-Systeme die Ausrichtung durch starres Zusam­menwirken vieler kleiner gegeneinander phasenverschobener Elemente auf elektronischem Weg erzeugen. Sie können damit aber nicht die Umgebung rundum erfassen, sondern nur Winkel ≤120° [Wi05.09].

Geo-Physikalische Grundlagen des Fernradars

Radarstrahlen breiten sich geradlinig aus. Das hieße, Objekte hinter dem Horizont könnten nicht erfasst werden. Sie können aber in Form von Raum­wellen von der Ionosphäre in weitere Gebiete umgelenkt werden. Art und Ausmaß der Reflexion hängen von den jeweiligen physikalischen Bedingun­gen in den Luftschichten ab und wechseln nach Tageszeit und Wetter.

Ionen Ausbreitungsformen: quasi·optisch Bodenwelle Raumwelle

UKW-Wellen breiten sich quasi-optisch nur im Nahbereich aus. Bodenwellen treten bei langwel-
ligen Frequenzen auf, tagsüber auch bei Mittelwelle. Einige kurzwellige Frequenzen breiten sich je nach Sonneneinstrahlung als Raumwellen aus, indem sie bei besimmten Einfallswinkeln in der
Ionosphäre wieder zur Erde hingebogen werden. Je weniger Sonne einstrahlt, desto niedriger sind die optimalen Frequenzen — daher sind es nachts vor allem die niedrigen Kurzwellen-Bänder.

Mithilfe von Wetterdaten und weiteren Parametern ist durch Wahl geeigne­ter Frequenzen und mit riesigen Phased-Array-Radartürmen die Positionsbe­rechnung der zu überwachenden Objekte in der Atmosphäre „bis 6000 km weit und hinter dem Horizont” möglich. Russland hat in den letzten Jahren 10 grenznahe Anlagen der Typen Woronesch-M/-WP/-DM/-SM/-MSM erbaut.

Murmansk Workuta Lechtusi(St.Petersburg) Kaliningrad ??? Jenisseisk(Krasnojarsk) Irkutsk Barnaul(Altai) Orsk Armawir Kiew Odessa N Woronesch-M Radar (30m hoch) Armawir Orsk Über-den-Horizont-Fernwarnradare in Russland VHF (-M/-VP)UHF (-DM) ∼1000∼2000∼3000∼4000∼5000km

Standorte und Überwachungsrichtungen nach [UV27.05] und [Wi24.06].

Russland beginnt jetzt „mit der Lieferung von modernen Radaranlagen und Ausrüstung zur Luftraumverteidigung an den Iran” [BG06.08].

Bewertung der ukrainischen Drohnenschläge

Putins Doktrin lautete: Jeder Angriff auf Fernwarn-Radare wird mit nuklear bestückten Interkontinentalraketen beantwortet. Viele Kommentare lauten nun erschrocken: Da seien Ziele getroffen, die man vor allen anderen hätte vermeiden müssen. Aber wohin hätten die Raketen denn antworten sollen?

Lange wagten Biden und Scholz gegen Putins Drohungen nur eine “boiling the frog”-Strategie (Eskalationsstufen so minimal, dass Putin am Ende keine Handhabe finden kann, die einen Atomwaffen-Einsatz rechtfertigen würde).

Der ukrainische Doppelschlag machte die Fortsetzung dieser Strategie end­gültig sinnlos. Putin reagierte tagelang überhaupt nicht und kündigte dann eine „asymmetrische Antwort” an. Das heißt: Putin ist am Ende glaubhaf­ter Drohungen ange­langt. Nun wäre auch weiteres Verweigern von Freiga­ben für vom Westen gelieferte Waffen auf Ziele in Russland töricht gewesen. Putin kann zwar noch die Energie-Infrastruktur und Gebäude in der Ukraine zerstören, aber eine Steigerung der Nuklear-Drohung gelingt nicht mehr.


Quellen

2023
[rt])          “Wellenausbreitung”, radartutorial.eu.
[Par])        Christian Wolff: “ Parabolantennen”, radartutorial.eu.
[OTH])       Christian Wolff: “Over-The-Horizon Radar (OTH)”, radartutorial.eu.
[Wi05.09]) WikipediA: “Phased-Array-Antenne”, de.wikipedia.org, Stand 5.9.2023.
2024
[Wi24.05]) WikipediA: “Radar”, de.wikipedia.org, Stand 24.5.2024.
[UV27.05]) Ukraine Volunteer Centre: “Ukrainian Hit Voronezh-M Long-Range Radar in Orsk, Russia (1,800km traveled!)”, YouTube.com, 27.5.2024.
[Wi05.06]) WikipediA: “Woronesch (Radar)”, de.wikipedia.org, Stand 5.6.2024.
[Wi24.06]) WikipediA: “Voronezh radar”, en.wikipedia.org, Stand 24.6.2024.
[BG06.08]) Babett Gumbrecht: “Russland liefert Iran Waffen: Mischt Putin beim Flächenbrand in Nahost mit?” Frankfurter Rundschau, 6.8.2024.

Autor/Gestalter/Programmierer: Dipl.-Volkswirt  Dipl. Informatiker Oskar Fuhlrott, Juni-Juli 2024

(anonym)

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